Meister! Läuft bei Netts – und Jürgen läuft.
Den älteren unter uns dürfte folgender Werbespot eines großen Mineralölkonzerns aus den frühen 1990er Jahren noch bekannt sein: Ein Mann bleibt mit seinem Auto liegen, läuft mit seinem blauen Kanister (zu beschwingter Musik von Fats Domino) kilometerweit. Endlich an einer freien Tankstelle angekommen, entscheidet er sich dann „für Qualität“ und läuft zum Anbieter seines Vertrauens weiter. Als Jürgen Nett von der Nordschleifen-Ausfahrt im Adenauer Stadtteil Breidscheid zu einer Tankstelle eben jenen Anbieters gelaufen ist, wird er jedoch weniger den Fernsehspot vor Augen gehabt haben, als vielmehr den möglicherweise entrinnenden Sieg. Was war passiert?
Jürgen Nett: „Wir hatten ein Problem mit der Tankentlüftung unseres Peugeot 308 Racing Cup. Obwohl eigentlich noch genügend Sprit vorhanden war, wurde der Motor nicht mehr versorgt und so bin ich vom Adenauer Forst an ohne Kraftstoffversorgung bis runter nach Breidscheid gerollt. Dort bin ich aus dem Auto raus und zur ortsansässigen Tankstelle gerannt. Ich hatte natürlich weder Geld noch Ausweis dabei, weshalb ich meine Smartwatch für einen 20-Liter-Kanister samt Inhalt verpfändet habe. Auch unser Funk streikte, weswegen selbst meine Teamkollegen erst nach meiner Rückkehr an die Box von dieser Geschichte erfahren haben.“

Der Renntag, der von anhaltendem Regen geprägt wurde, hatte weniger außergewöhnlich begonnen. Im Qualifying zum „42. RCM DMV Grenzlandrennen“, dem sechsten von neun Läufen zur diesjährigen VLN Langstreckenmeisterschaft am Nürburgring, stellte besagter Jürgen Nett das Auto mit einer Zeit von 10:51.240 Minuten auf Startplatz 1 in der Klasse SP2T. Dies bedeutete die fünfte Poleposition. Nett nahm dann auch das Rennen als Startfahrer auf und fuhr gewohnt sicher durch das kühle Nass der Grünen Hölle. Bis zum oben beschriebenen Vorfall. Die Führung war dahin und musste dem konkurrierenden Mini JCW Coupé überlassen werden.
Beim (kompletten) Auftanken des Peugeot wurden für den Briten Bradley Philpot Slicks aufgezogen – die Strecke war abgetrocknet. Nach nur einer Runde mussten jedoch die „Heavy Wets“ wieder drauf, das Wetter hatte es sich anders überlegt und setzte die Strecke erneut unter Wasser. Philpot knabberte zwar am Vorsprung des Minis, musste aber mit weiterhin existierendem Rückstand auf Achim Nett übergeben.
Als dieser eine „Feindberührung“ meldete und die Spur des Autos leicht verstellt war, schienen sämtliche Hoffnungen, die Meisterschaft in der Klasse – dazu wäre ein Sieg nötig gewesen – vorzeitig unter Dach und Fach zu bringen, dahin. Achim Nett: „Mit der Beschädigung am Auto konnte ich das Tempo nicht mehr mitgehen.“ Das Team empfing den Schlussfahrer dennoch freudig zur Zieldurchfahrt. Als man sich an den Abbau der Box machen wollte, dann die Überraschung: Der Mini war in der letzten Runde ebenfalls in Breidscheid ausgerollt. Allerdings war hier ein Getriebeschaden schuld. Die Mannschaft von „racing4emotion“ schaffte es nicht mehr ins Ziel. Somit gewann Nett Motorsport doch noch überraschend Rennen und damit auch vorzeitig die Meisterschaft in der Klasse.
Seine Uhr hat Jürgen Nett im Übrigen wieder ausgelöst. Quasi als Präsent zum Titel wurde von einem Sportwart der Kanister zur Box gebracht. „Dieser wird einen Ehrenplatz in unserer Werkstatt erhalten“, so ein überglücklicher Jürgen Nett
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