Bekanntermaßen bin ich ja kein Freund von Superlativen und Übertreibungen. Ikone des Motorsports, Publikumsliebling, Geschichte geschrieben, all das und viel mehr wird in Pressemeldungen verwurstet und sagt am Ende nichts mehr aus. Bei den Meldungen gestern war das allerdings anders. Die Anteilnahme war beeindruckend, die persönlichen Beileidsbekundungen waren berührend und vor allem hatten alle recht: Ein Urgestein des Nürburgrings, ein Stück Ringgeschichte ist von uns gegangen. Ein Original. Auch: ein Publikumsliebling. Denn gestern ist Reiner Strack verstorben.

Auffallend bei den unzähligen Statements, die durch die sozialen Netzwerke gingen: Jeder Einzelne hatte (mindestens) eine persönliche Geschichte zu erzählen. Reiner Strack war jahrzehntelang in Breidscheid anzutreffen, kannte viele Menschen, vor allem kannten aber alle ihn. Er hat ab 1947 in jungen Jahren mitgeholfen, den Nürburgring nach dem Zweiten Weltkrieg wieder aufzubauen, hat erlebt, wie mit dem Umbau der Zufahrt in Breidscheid das erste Haus mit Zentralheizung ins Dorf kam, hat in Jahrzehnten als Ticketverkäufer und Schrankenwärter unzählbar viele Runden abgezeichnet, viele Menschen getroffen, große und legendäre Rennen gesehen und den Nürburgring in seiner Geschichte begleitet. In den vielen Jahren ist er dann selbst ein Stück dieser Geschichte geworden, bodenständig, manchmal knorrig, trotzdem immer herzlich und nah. Und genau für diese Mischung, begleitet von vielen Anekdoten, haben wir ihn geliebt und sind nach langen Renn- und Touritagen immer wieder gerne nach Breidscheid gefahren, auf nen Kaffee, ne Currywurst oder ein Bier – und für die vielen Anekdoten, die er erzählen konnte. Irgendwie kam es uns so vor, als sei er schon immer da gewesen und würde es auch immer sein.

Opa Reiner Strack
Foto: Porsche AG

Unsere Gesellschaft neigt dazu, entstandene Lücken möglichst schnell zu schließen. Trauere nicht hinterher, sieh nach vorn. Es gibt aber Lücken, die können und sollten nicht geschlossen werden – vor allem, um dem würdigenden Gedenken Raum zu geben. Ein Stück Ringgeschichte ist von uns gegangen – wir alle haben irgendwie unseren „Opa“ verloren. Und in Breidscheid wird immer ein Stuhl für ihn freibleiben, ganz nah an der Theke, und wir werden uns alle noch lange an ihn erinnern. Denn er wird uns fehlen.

Danke für viele unzählige Stunden in Breidscheid, die für viele ein Teil der Faszination Nürburgring sind.

Machet joot, lieber Reiner!

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Dieser Beitrag wurde von verfasst.

Spätestens seit er 2017 mit „Vor 90 Jahren“ sein erstes Buch über die Gründerzeit des Nürburgrings herausgegeben hat, ist der 36jährige Alexander Kraß am Nürburgring bekannt wie ein bunter Hund. Der Ringhistoriker schreibt allerdings nicht nur, sondern ist am Nürburgring und deutschlandweit auch als Moderator unterwegs und hält Vorträge. Mehr über seine Person, seine Moderationstätigkeiten und seine Vorträge gibt es auf www.alexkrass.de.
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