Seit 28 Jahren ist Bernd Plauschinat (57 Jahre) als Sportwart tätig, davon 25 Jahre als Abschnittsleiter. Zur Saison 2018 stellten wir ihm ein paar Fragen und erfuhren dabei Interessantes.
LSR-Freunde: Hallo Bernd, wir freuen uns, dass Du dir die Zeit nimmst für uns. Welcher Abschnitt wird von Dir und deinem Team betreut?
Bernd Plauschinat: Auch im Jahr 2018 werden wir wieder den Abschnitt „Döttinger Höhe“ bei den VLN-Rennen betreuen. Dieser Abschnitt erstreckt sich vom Posten 186 (Eingang Galgenkopf) über Antoniusbuche und Tiergarten bis zum Posten 202 (Hohenrain-Schikane), 31 Sportwarte werden werden für diesen Bereich benötigt.
Was sind die Unterschiede zu anderen Abschnitten?
Eigentlich ist dieser Abschnitt bei den Sportwartgruppen nicht sehr beliebt, weil es geht ja nur geradeaus – also scheint es ziemlich langweilig.
Dies stimmt eigentlich überhaupt nicht. Gut, geradeaus stimmt. Aber der Galgenkopf, diese dreifach-ellenlange Rechtskurve ist nicht ohne. Der Bereich um den Hauptposten und die Touristen-Einfahrt ist bei einsetzendem Regen, wenn die Teilnehmer-Fahrzeuge noch auf profillosen Reifen unterwegs sind, ebenfalls heikel.
Am gefährlichsten ist allerdings der Bereich Antoniusbuche und Tiergarten, hier passieren die meisten Unfälle, meist sehr schwere, die von den Sportwarten einiges abverlangen. Bei den hohen Geschwindigkeiten an dieser Stelle, sind Gelb- oder Code60-Zonen sehr lang.
Welche Änderungen kommen auf Euch in der nächsten Saison zu?
Für den Sportwart an der Strecke wird sich wohl nicht sehr viel ändern. Die Änderungen im Bereich der Flaggenzeichen, die Einführung der Code60, dies alles hat sich bewährt und wurde im Jahr 2017 durch verbesserte Abstimmung noch mehr verfeinert.
Änderungen wird es jedoch in der Organisation der Sporwarte geben.
Hierzu vielleicht vorab etwas zur Erklärung: Die Strecke ist bei den Rennen in Abschnitte eingeteilt, die jeweils von einer oder auch mehrerer Helfergruppen betreut werden. Jeder Einsatzleiter der Helfergruppe sorgt dann dafür, dass am Renntag die erforderliche Zahl Sportwarte zu Verfügung steht. Es gibt kleinere Abschnitte, in denen man 18 Sportwarte benötigt, aber auch größere mit über 30 Sportwarten. Wenn in einem Abschnitt 20 Sportwarte im Einsatz sein sollen, muss der verantwortliche Einsatzleiter der Helfergruppe aber über mindestens 30 Sportwarte verfügen, denn nicht jeder kann bei jeder Veranstaltung dabei sein. Der Beruf, Krankheit oder Urlaub machen das Einteilen dann nicht gerade einfach. Da kann es auch mal zu Engpässen oder auch Überhängen kommen, mit denen man dann irgendwie umgehen muss. Für plötzlich auftretende Engpässe hält die VLN eine Reserve an Sportwarten bereit, wenn aber schon eine Woche vorher 10 Sportwarte zuwenig in einem Abschnitt gemeldet sind, muss irgendwie Ersatz her. Das hat in den letzten Jahren eigentlich immer geklappt, bringt aber auch ein gewisse Unsicherheit mit sich, weil der Abschnittsleiter die Leute und ihre Fähigkeiten nicht kennt.
Wie werden die Sportwarte dazu geschult?
Dies ist ein wichtiges Thema an der Nordschleife. Nur einfach die FIA-Sportwartlizenz genügt halt an der Nordschleife nicht. Bei Rennen auf der GP-Strecke ist alles kameraüberwacht, der Rennleiter kann genau sehen, was auf der Strecke passiert. Auf der Nordschleife gibt es keine Kameras, da sind die Streckenposten die Augen der Rennleitung, ihre Meldungen müssen genau sein, die Sportwarte können nicht lange auf Anweisungen warten, sie müssen selbständig handeln. Hier sind dann auch die Abschnittsleiter wichtig, die ungenaue Meldungen durch Nachfragen schon verifizieren oder Flaggenzeichen der Sportwarte korrigieren.
Das bringt mich dann auf die Fähigkeiten und Schwächen der Sportwarte zurück. Die Rennleitung kennt die meisten Sportwarte nicht, kann sie nicht beurteilen. Aber der Einsatzleiter der Helfergruppe kennt seine Leute. Der kann einschätzen, wer wo am besten arbeitet. Sportwarte aus der Reserve oder sonst woher, die der Abschnittsleiter nicht kennt und nicht beurteilen kann, sind dann genau dieser Unsicherheitsfaktor.
An dieser Stelle kommen wir wieder zu den Änderungen. Man wird bei der Vergabe der Abschnitte an die Helfergruppen verstärkt darauf achten, das die Personalstärke der Gruppe auch zum Personalbedarf passt. Bei den anstehenden Schulungen der Sportwarte und der geplanten zusätzlichen Schulung der Abschnittsleiter werden neben den gewohnten Themen wie Flaggenkunde etc. auch andere Themen wichtig sein. Verhalten an der Strecke und Genauigkeit der Meldungen für die Sportwarte, „Personalführung“ für die Abschnittsleiter sind solche Bereiche, die bis dato nicht ganz so im Vordergrund standen.
Wieviel Einfluss hat ein Abschnittsleiter auf Änderungen?
Es ist nicht so, als würde uns alles einfach so aufs Auge gedrückt. Am 16.12. findet wieder eine Abschlussbesprechung für alle an der Streckensicherung beteiligten statt. Neben der Rennleitung werden dort alle Abschnittsleiter, aber auch die Intervention-Car-Fahrer dabei sein. Dort werden Dinge besprochen, die nicht ganz so gut gelaufen sind und wichtig: Es wird diskutiert, damit man für die kommende Saison 2018 Fehler vermeidet.
Du wurdest als Chief-Marshal für 2018 gewählt. Was werden Deine Schwerpunkte in dem Amt sein? Wirst Du in der Zeit deinen Abschnitt auch weiter leiten?
Ich bin mit einem anderen Abschnittsleiter-Kollegen bereits seit Jahren Sprecher der Helfergruppen, also für das was von unten nach oben geht zuständig, um die Interessen der Helfergruppen gegenüber der VLN zu vertreten. Als Chief-Marshal werde ich das auch in die andere Richtung tun, der Chief-Marshall soll das Bindeglied zwischen Rennleitung und Helfergruppen/ Sportwarten sein. Das Gewünschte von oben oder unten auf Machbarkeit und Prakitibilität prüfen, Meinungen einholen und das Ergebnis dann auch vertreten und durchsetzen. Wer mich kennt weiß, dass mir die VLN sehr am Herzen liegt. Mein Streben war es immer, den Teilnehmern mit einer vernünftigen Leistung der Streckensicherung einen guten Renntag zu bieten. Aber auch den Sportwarten, die ja schließlich freiwillig und unbezahlt den ganzen Tag ihren Dienst erledigen, ein gutes Umfeld zu bieten.
Zum zweiten Teil der Frage kann ich nur sagen, selbstverständlich bleibe ich der Abschnittsleiter 17. Meine Sportwarte sind mir das wichtigste, sind mir in den letzten Jahren ans Herz gewachsen, wir kennen und verstehen uns. Die Leute fühlen sich in meiner Helfergruppe – der Motorsportabteilung des Polizei-Sportvereins Aachen – sehr wohl. Das Zusammengehörigkeitsgefühl ist sehr gut.
Ich versuche den Sportwarten an der Strecke das Gefühl zu geben, da steht einer hinter ihnen, ich erwarte genaue kurze Meldungen über die Lage bei einem Vorkommnis, über die Flaggenzeichen usw., ich bestätige die Entscheidungen der Sportwarte, korrigiere auch manchmal. Meine Leute wissen, da ist immer einer da, der ihnen zuhört und sie bestätigt. Für einen Titel lasse ich meine Freunde doch nicht im Stich, mal abgesehen davon, die Arbeit des Chief-Marshalls sehe ich eher im Vorfeld und Nachgang einer Veranstaltung, nicht währenddessen.
Ihr sucht natürlich auch motivierten Nachwuchs bei den Marshals. An wen sollten sich Interessierte wenden? Wann bietet Ihr den nächsten Lehrgang an?
Es werden in allen Helfergruppen immer ambitionierte Leute gesucht. Man kann sich bei der VLN melden, oder wer als Zuschauer schon mal da ist, einfach mal fragen wo denn der zuständige Abschnittsleiter zu finden ist. Zeit für ein kurzes Gespräch mit einem Interessierten ist da immer. Die Lehrgänge für 2018 sind an zwei Wochenenden im Februar.
Wir wünschen Dir und dem gesamten Team eine schöne Winterzeit und freuen uns darauf Euch in der kommenden Saison weiter zu begleiten. Vielen Dank für Die Zeit!
Ja vielen Dank, dass Ihr mir die Möglichkeit gegeben habt etwas über die Streckensicherung bei der VLN zu erzählen. Ich wünsche allen, dem Streckensicherungs-Personal der VLN, den Teams und den Fans der VLN eine schöne Advents- und Winterzeit.
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