Seit Jahren gab es kein 24h-Rennen am Nürburgring ohne den 49-jährigen Hirrlinger. Teamchef Bernd Albrecht fuhr immer für den guten Zweck, um Spendengelder für Soziale Projekte zu sammeln. Auch im Jahr 2020 ist die Teilnahme mit der Dodge Viper GT3, der sogenannten „White Angel Viper“, am legendären Langstreckenrennen zwei Mal rund um die Uhr durch die „Grüne Hölle“ geplant.

Aufgrund der Versammlungseinschränkungen durch die Behörden zur Verlangsamung der Ausbreitung des Coronavirus wurde das ADAC TOTAL 24h Rennen Nürburgring bereits von Ende Mai auf die Woche vom 24. – 27. September 2020 verschoben. Dadurch musste auch Bernd Albrecht seine Pläne mit dem Team neu überdenken, da das Ziel Spenden für Fly & Help zu sammeln noch immer über allem steht.

Kurzerhand beschloss Albrecht in den virtuellen Rennsport einzusteigen. Wir unterhielten uns mit dem Hirrlinger Teamchef darüber und was ihn antreibt und wie er aktuell seine Zeit verbringt.

Bernd, zuerst die Frage, wie geht es dir und dem Team unter den momentanen Umständen?

Hallo, uns geht es allen soweit gut, zum Glück. Wir halten uns an das Kontaktverbot, Teamsitzungen oder Besprechungen der Abteilungen finden per Videokonferenz statt, das klappt überraschend gut. Wir versuchen das Beste daraus zu machen. Das Auto selbst ist nahezu startklar, somit sind persönliche Kontakte auf das Minimum reduziert.

Das 6h-Qualifikationsrennen Ende April, als Vorbereitung zum ADAC TOTAL 24h-Rennen Nürburgring, wurde komplett abgesagt und das 24h-Rennen um vier Monate nach hinten verlegt. Was bedeutet das für dich und dein Team?

Üblicherweise nutzten wir das Qualifikationsrennen als Vorbereitung zum Jahreshöhepunkt. Diese Möglichkeit die Fahrer und das Team auf die Herausforderung einzuspielen besteht nun nicht. Doch wir sind über die Jahre eingespielt, ich denke da wird es keine Probleme geben. Was mich viel mehr bewegt ist die Konsequenz, dass wir so lange keine Spendengelder für Fly & Help sammeln können, wenn wir nicht starten.

White Angel Viper Simracing 2020
Foto: White Angel Viper
Und was macht ein echter Rennfahrer dann?

Wir haben uns entschlossen die White Angel Viper nun virtuell auf die Rennstrecken zu bringen und werden an der GT3 Digital World Challenge teilnehmen. Ich werde dabei unterstützt von Pierre Rupp aus Mössingen und Max und Moritz Lippert aus Rottenburg, und als Kameramann dabei wieder Christian Rehfeld auch aus Rottenburg alle vom alten Bux-Motorsport Team, mit dem wir über Jahre zusammenarbeiteten, uns verbindet eine große Freundschaft. Weitere prominente Unterstützung aus dem Schwabenland bekommen wir von Laurents Hörr, einem talentierten Nachwuchspiloten. Ich kenne ihn seit seiner Kindheit, mit seinem Vater Oliver Dutt bin ich schon das 24h-Rennen gefahren. Laurents hat mit seinen 22 Jahren schon sehr viel erreicht, so gewann er bereits die 24h Le Mans in der LMP3-Klasse und erklomm in der WECC auch das Siegerpodest. Laurents nun bei uns im Team zu haben freut mich sehr.

Das wir nun gemeinsam virtuelle Rennen fahren, ist eine schöne alternative Möglichkeit für die Fans, Sponsoren und vor allem für den guten Zweck präsent zu sein. Denn auch wenn COVID-19 die ganze Welt im Griff hält lösen sich die anderen Sorgen natürlich nicht in Luft auf und die Kinder benötigen auch in Zukunft viel Hilfe beim Bau neuer Schulen mit Fly & Help.

Ist ein Computerspiel hier die passende Plattform?

Die Entwicklungen im Simracing waren in den vergangenen Jahren beeindruckend. Viele Simulationen sind weit weg vom einfachen Zocken – da bist du schon sehr nahe an der Realität. In der – inzwischen auch vom DMSB – anerkannten Sportart messen sich inzwischen Profis der realen Rennszene mit den Cracks des Simracing auf Augenhöhe. Die Programme selbst bieten mit Wetterwechsel, Setup-Möglichkeiten, Schadensmodellen, Reifenverschleiß, Benzinverbrauch und Fahrerwechseln auch alles was bei einem echten Rennen zu beachten ist. Profifahrer trainieren seit Jahren in Simulatoren und Hersteller testen ja inzwischen Setups auch virtuell.

Das Fahrgefühl am Lenkrad, die Reaktionszeiten sowie der Wettkampf im Rennen kommt schon sehr gut rüber, auch wenn sicherlich die G-Kräfte, Schläge durch Bodenwellen und das wichtige Gefühl im „Popometer“ fehlen. Der Spaß kommt nicht zu kurz.

Ihr habt euch dann für die GT3 Digital World Challenge entschieden, warum?

Die GT3 Digital World Challenge bietet uns vor allem die Möglichkeit unsere weiße Viper als nahezu 1:1 Simulationsmodell zu präsentieren, selbst unsere traditionelle Startnummer #13 haben wir auf dem Auto. Somit können wir für unsere Sponsoren und für Fly & Help – wie in echt – auf der Strecke unterwegs und präsent sein. Die GT3 DWC wird auf sechs Strecken ausgetragen, das ist eine schöne abwechslungsreiche Herausforderung. Ebenso ist die Challenge gegen internationale Fahrer und Teams wie Black Falcon oder GRT Grasser extrem hoch, genau das was wir suchten.

Weg von der Nordschleife? Es gibt doch die Digitale Nürburgring Langstrecken-Serie (DNLS).

VLN Streckensprecher Lars Gutsche VLN 9 2019
Foto: L. Rodrigues

Auch wenn wir die Nordschleife lieben und sehr vermissen, fiel die Entscheidung leider gegen die Digitale Nürburgring Langstrecken-Serie. Unser Beschluss im Simracing einzusteigen war nach der bereits begonnenen DNLS – das GT3-Feld schon voll besetzt. Über eine Wildcard hätten wir auch keine Dodge Viper an den Start bringen können, sondern wären mit einem anderen Auto gestartet. Somit treten wir nun in der GT3 Digital World Challenge für Fly&Help an. Auf die GT3 DWC machte mich Streckensprecher Lars Gutsche in einem Telefonat eher zufällig aufmerksam.

Die GT3 DWC mit dem großen Finale der virtuellen 24h von Spa Francorchamps, ausgetragen auf der Plattform rFactor2 begeisterte uns auf Anhieb sehr. Zusammen mit der Mannschaft von Bux Motorsport sind wir nun insgesamt fünf Piloten, die sich das virtuelle Cockpit teilen werden. Mit den Jungs von Bux sind wir seit Jahren sehr eng befreundet, das Team betreute die Viper über Jahre beim 24h Rennen im Einsatz für den guten Zweck. Wir waren nie eine One-Man-Show, sondern leben den gemeinsamen Teamspirit.

Wie können die Fans eure Rennen verfolgen?

Alle Rennen der GT3 Digital World Challenge werden live bei YouTube im Stream zu sehen sein. Kommentatoren sind dann Roland Niemann und Lars Gutsche, die seit Jahren kompetent Rennsportevents moderieren und mit Fachwissen aber auch Humor glänzen.

Was steckt hinter Fly & Help und wie kann das Projekt unterstützt werden?

Fly & Help ist eine Stiftung von Reiner Meutsch. Die Stiftung hat bis heute bereits über 330 Projekte in 44 Ländern für 65.000 Kinder umgesetzt. Jedes Jahr kommen etwa 100 Schulen dazu.

Meutsch wurde bekannt durch seine Weltumrundungen im Sportflugzeug, bei denen er auf viel Elend in den Entwicklungsländern aufmerksam wurde. Der Schwerpunkt liegt auf nachhaltiger Entwicklungshilfe durch Schulbildung, nicht durch kurzfristige ineffektive Geldspenden. Meutsch selbst trägt bei der Stiftung alle Verwaltungskosten, somit kommen die Spendengelder zu 100% den Schulprojekten zugute. Das hat uns begeistert und überzeugt. Fly & Help kann jeder mit Spenden unterstützen, alle Informationen sowie die Spendenkonten findet ihr auf https://www.fly-and-help.de/spenden.

Hast du zum Abschluss noch eine Botschaft an die Fans?

Bleibt besonnen und vernünftig, vor allem: Bleibt zuhause und gesund! Nur so können wir die Verbreitung des Virus weiterhin verlangsamen, auch wenn es jedem schwerfällt. Unterstützt die Teams und begleitet sie bei den virtuellen Rennen als Zuschauer bis wir uns irgendwann wieder bei Motorensound und Benzinduft an der Rennstrecke treffen dürfen. Das Wiedersehen wird dann um so schöner werden!

Bei unseren Sponsoren möchten wir uns für die Treue bedanken, es ist keine Selbstverständlichkeit in der aktuellen Lage, dies wissen wir zu schätzen. Wer Fly & Help und uns weiter unterstützen möchte darf sich gerne mit mir in Verbindung setzen, wir finden immer die passende Lösung.

Die Termine der GT3 Digital World Challenge im Überblick

25. April 2020 Testtag in Le Castellet
02. Mai 2020 Brands Hatch 2 Rennen je 60min
16. Mai 2020 Silverstone 3h-Rennen
30. Mai 2020 Paul Ricard 1000km Rennen
13. Juni 2020 Zandvoort 2 Rennen je 60min
27. Juni 2020 Misano 2 Rennen je 60min
11.-12. Juli 2020 24h von Spa Francorchamps

Alle Informationen zum Wettbewerb hier
Die Livestreams laufen hier
Näheres über die Stiftung Fly&Help sowie das Spendenkonto findet ihr hier
Die Facebook Seite der White Angel Viper

Unterstütze LSR-Freun.de

Dir hat der Beitrag gefallen? Wir freuen uns über Deinen Support.





In eigener Sache:

Du hast den Beitrag bis zum Schluss gelesen? Hat er Dir gefallen? Wenn Du die LSR-Freun.de unterstützen möchtest, kannst Du das mit einem Abonnement bei SteadyHQ tun.

Damit hilfst Du uns, auch in Zukunft erstklassige Berichte, Dokumentationen und Reportagen aus der Welt der Langstreckenrennen zu erarbeiten und zu erstellen.

Unterstütze uns auf Steady

Die LSR-Freun.de sagen Danke!

Dieser Beitrag wurde von verfasst.

Lutz Rodrigues Do Nascimento wurde in den 70er Jahren vom Motorsport-Virus infiziert, sein Onkel war im Porsche-Werk Weissach tätig und nahm ihn damals schon mit zu den Rennfahrzeugen. Seit 2011 ist er regelmäßig am Nürburgring bei der VLN mit der Kamera vor Ort und konnte sich somit ein Netzwerk an Bekanntschaften zu Teams, Fahrern und der Streckensicherung knüpfen. Seit März 2017 ist Lutz Teil der LSR-Freun.de und gilt als unser Draht zu den Teams und Fahrern. Mit Fotos und Stories aus den engsten Kreisen sorgt er immer wieder für staunende Gesichter.
Kategorie: MagazinTags:
Fehler melden Über LSR-Freun.de ethische Standards
Jetzt kommentieren

Noch keine Kommentare vorhanden

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert