Stephane Ratel glaubt, dass die aktuelle Coronavirus-Krise nicht nur die Saison 2020 neu gestaltet, sondern auch die Richtung der Technologie, die in Zukunft vom Elektro- und Kundensport dominiert wird.

Wie Ratel den Kollegen des britischen Magazins autosport.com mitteilte, steht der Motorsport an einem Scheideweg.

Die gesamte Motorsportwelt wurde durch die Coronavirus-Pandemie förmlich lahmgelegt. Während am Nürburgring händeringend nach einem schlüssigen Konzept gesucht wird, wieder Veranstaltungen stattfinden zu lassen, hat die NASCAR in Amerika bereits ihr erstes Rennen hinter, für die Zuschauer, verschlossenen Türen stattfinden lassen.

Stephane Ratel, CEO der SRO Motorsports Group und seit über 20 Jahren international führend im GT-Rennsport, strebt eine Rückkehr Ende Juli für die GT World Challenge Europe-Serie an, während das 24-Stunden-Rennen von Spa-Francorchamps auf Oktober verschoben wurde, um den Organisatoren eine möglichst lange Vorlaufszeit für ein Sicherheitskonzept zu geben, ehe es von den Behörden ganz abgesagt würde.So wird auch die SRO die ersten Rennen wohl unter Ausschluss der Öffentlichkeit stattfinden lassen. Ratel ist jedoch optimistisch, dass noch vor Ende des Jahres wieder mit überschaubaren Zuschauerzahlen an den Strecken gerechnet werden kann.

Im Rahmen der #ThinkingForward-Serie spricht James Allen (autosport.com) mit Ratel darüber, wie die anhaltende Krise die Zukunft des GT-Rennsports verändern könnte.

„Ich habe gesagt, dass wir in 10 Jahren nur noch elektrische Rennen und Kundensport haben werden“, konstatiert Ratel. „Es scheint, dass diese Krise den Schritt beschleunigen könnte.“

Der Franzose setzt fort: „In den letzten Jahren haben wir die Kundenrennen wieder in Mode gebracht. Es sieht also so aus, als wären wir vielleicht in einer günstigeren Position als andere Meisterschaften. Unsere Teams profitieren jedoch auch von der Unterstützung durch die Hersteller, und die Unterstützung durch die Hersteller hat in den letzten Jahren abgenommen. Und das ist nichts, was überraschend kam.“

„Sicher ist jedoch, dass alle Motorsportprogramme, die in hohem Maße von der direkten Beteiligung und den Investitionen der Hersteller abhängig sind, in den kommenden Jahren leiden werden. Dies ist fast sicher, mit der einzigen Ausnahme des Elektro-Rennsports.“ sagt Ratel.

Wenn man sich die DTM und die WEC anschaut, kann man davon ausgehen, der ehemalige Rennfahrer weiß, wovon er spricht.

„Denn ich glaube, was wir in den vergangenen zwei Monaten gesehen haben, zum Beispiel plötzlich wieder Delfine in Venedig, wird eine langanhaltende Wirkung auf die Menschen hinterlassen. Die Umweltfrage wird präsenter sein als vorher.“

Als die Krise begann, war die SRO als Gruppe in der stärksten Position, die sie je innehatte. Wir hatten gerade den Vertrag mit Amazon Web Services (AWS) als neuem Sponsor unterzeichnet. Das war für uns nach zehn Jahren mit Blancpain ein ganz wichtiger Schritt. Zudem genießen wir die Unterstützung durch den Uhrenhersteller Rebellion und wir haben neue Vereinbarungen mit Pirelli und mit Total abgeschlossen. Bezogen auf die Starterfelder hatten wir das größte Netz, das wir je hatten: 55 Vollzeitstarter im Endurance-Cup in Europa, 33 im Sprint-Cup in Europa und 32 in Asien.“

Ratel, der über eine dreistufige Rückkehr zum Rennsport und die Auswirkungen des Klimawandels spricht, glaubt auch, dass die „Heirat“ von Elektro- und Kundenrennen eine größere Herausforderung darstellen könnte, da die Anziehungskraft traditioneller Autos mit Verbrennungsmotoren stark ausgeprägt ist.

„Ich glaube, es sind drei Schritte: Gar kein Publikum, zahlenmäßig begrenztes Publikum und schließlich wieder eine vollständige Öffnung für das Publikum. Im Vergleich zu einem Fußballstadion ist jede Rennstrecke eine sehr große Anlage. In Silverstone beispielsweise können sich 5.000, 6.000 oder 10.000 Menschen schnell mal verlieren. Damit die großen Formel-1-Strecken voll aussehen, muss man schon in den Bereich von zehntausenden bis hin zu 100.000 Menschen gehen.“

Im weiteren Interview, welches die Kollegen von Motorsport-total.com weiter vertextet haben, gibt sich Ratel dennoch optimistisch: „Wie heißt es doch so schön? ‚Jede Krise schafft auch Möglichkeiten.‘ Am Ende dieser Krise wird es möglicherweise weniger Rennserien geben. Weil wir davon ausgehen, zu denen zu gehören, die sich halten werden, könnten wir erfolgreicher sein und einen größeren Teil des Kuchens bekommen. Die andere Möglichkeit ist ganz klar E-Sport. In Verbindung mit Assetto Corsa, Informatica und neuerdings mit der Unterstützung von Fanatec haben wir eine wahre Explosion unserer eigenen E-Sport-Serie der GT-World-Challenge erlebt.“

SRO E-Sport GT Series Spa Francorchamps 2020
Foto: SRO E-Sport GT Series

„Wir hatten Charles Leclerc, Jean-Eric Vergne und die meisten der besten GT-Fahrer dabei. Das hat für eine Menge Aufmerksamkeit gesorgt. Mit den Rückmeldungen in Form der Zuschauerzahlen waren wir sehr zufrieden. Deshalb glauben wir nicht, dass das etwas ist, was mit Ende der Krise wieder verschwinden wird. Insbesondere in unserem Fall von E-Sport sprechen wir nicht von einem Spiel, sondern von einer Simulation.“

„Bei Assetto Corsa sprechen wir von einem Wettbewerb auf sehr hohem Niveau. Die Zahl der Fahrer, der Fans und der Spieler, die den notwendigen Sitz, die Pedale und das Lenkrad erworben haben, ist inzwischen sehr groß. Diese Leute werden das nicht einfach beiseite legen, wenn sie wieder ins Büro gehen. Ich glaube, das wird Teil ihres Hobbys bleiben und bei einigen auch Teil ihres Trainingsprogramms. Daher glaube ich, dass das Potenzial sehr groß ist.“

Quelle: autosport.com & motorsport-total.com

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Dieser Beitrag wurde von verfasst.

Michael Brückner ist seit Jahren begeisterter Motorsportfan und Fotograf. Außerdem sammelt er wissbegierig allerlei Informationen und arbeitet diese dann auf. Warum also nicht alles unter einen Hut bringen und der Welt zur Verfügung stellen. So entstand LSR-Freun.de. Neben der fotografischen und redaktionellen Arbeit kümmert sich Michael auch um die technischen Aspekte des Internetauftritts.
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