Seit vielen Jahren ist Thomas von Löwis aus dem Motorsport nicht mehr wegzudenken. Mit LSR-Freun.de sprach der Motorsportenthusiast über die Vergangenheit, die Gegenwart und die Zukunft des Motortsports. In Teil zwei des Interview erzählt uns Thomas, wie er Smudo kennenlernte.

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LSR-Freun.de: Hallo Tom! Nachdem Du uns im ersten Teil über Deine Anfänge im Motorsport und die Erfolge in der DTM erzählt hast, wurde der Helm von Dir dann 1988 an den Nagel gehängt.
Da Du aber bis heute Rennen fährst und Teamchef eines tollen Rennstalls bist, kann das damals nicht das Ende gewesen sein. Wie ging es dann in den 1990er-Jahren weiter bei Dir?

Tom: So ab 1990 war ich dann in Stuttgart in einem ganz anderen Bereich freiberuflich tätig, für eine Konzert- und Veranstaltungstechnikfirma. Ich organisierte damals Events für 5.000 bis 10.000 Leute. Der Schwerpunkt war die elektronische Musik, das damals ganz groß aufkommende Techno-/House-Genre. Da liefen mir auch zum ersten Mal im Medienhaus die damals groß aufstrebenden Fantastischen Vier über den Weg. Bei einer Veröffentlichung einer neuen Platte machten wir den Ton. Das war das erste Zusammentreffen mit den Jungs.
Bis etwa 1999 war ich dann ausschließlich in dem Bereich tätig, hatte den Motorsport bis auf die Formel 1 nahezu komplett verdrängt. Lediglich für die F1-Rennen stand ich noch in der Frühe auf um mir ein Qualifying oder Rennen anzuschauen. Das war zu der Zeit als die Formel 1 noch interessant war. Das würde mir heute im Leben nicht mehr einfallen. Gut, dass es bei Interesse, inzwischen Aufnahmefunktionen gibt -– lacht.

Was war dann der Impuls wieder in den Rennsport einzusteigen?

PSP_Racing Smudo und Tom von Löwis
Foto: © (c) Bernd Roselieb

Also, etwa 1999 kam der damalige Roadmanager der Fantastischen Vier auf mich zu. Man kannte sich ja, denn Stuttgart ist ein Dorf und das folgende Gespräch fand so statt:
„Hey Du!“ und ich so „Hey Du, was gibt’s ?“ – „Ha, der „Alde“ spinnt!“„Welcher „Alde“ und wie alt isser denn?“„Ha, der Smudo – 29!“„Des isch ja scho schdoialt, dem gäb i no höckschdens drei bis vier Jahre! Aber warum spinnt denn der jetzet eigentlich?“„Der will Autorennen fahren! Du kennsch di da doch aus. Kannsch du mol mit ihm schwätze?“

Tom von Löwis
Foto: L. Rodrigues
Tom von Löwis
Foto: L. Rodrigues
Tom von Löwis
Foto: L. Rodrigues
Tom von Löwis
Foto: L. Rodrigues

Das werde ich nie vergessen!
Na ja, dachte ich mir, das Alter stimmt zwar nicht ganz, um mit dem Rennen fahren zu beginnen, aber okay. Deswegen wollte er mich sprechen. Er selbst hatte keine Ahnung von Autos, die im Kreis herumfahren und somit keinerlei Kontakte. Nach kurzem Grübeln meinte ich dann: „Ha wenn er des ernschd meint, der Alte der ja jetzet spinnt, dann kann man sich ja mal treffen.“

So einen Monat später klingelte dann mein Telefon. Wir trafen uns zum ersten Beschnuppern bei einem Italiener und ich meinte, ich könne da vielleicht helfen. Allerdings war ich nicht bereit, dies nur als Förderung eines Popstars zu machen. Wir hatten ja auch damals schon irgendwelche B-Prominente, die meinten, sich durch Ausflüge in den Motorsport, ins Gespräch zu bringen. Für eine „one-off“ Aktion wäre ich nicht zu haben gewesen, aber wenn eine gewisse Ernsthaftigkeit besteht, auch eine ganze Meisterschaft oder ähnliches zu bestreiten, dann stehe ich da auch mit meinem Wissen zur Verfügung und kann meine Fühler ausstrecken.

Somit hatte ich mit VW-Motorsport in Hannover Kontakt aufgenommen. Die Fantas waren damals auch in die „VW-Sound-Foundation“ eingebunden und brachte Smudo in den neugeschaffenen „New-Beetle-Cup“. Dort wurden alle Kosten für Ihn übernommen, auch bei eventuellen Unfällen.

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Da haben Deine Connections ja dann sehr gut funktioniert. Somit dürfen wir Dich schon als „Ziehvater“ der Motorsportkarriere von Smudo bezeichnen. Kam er denn mit irgendwelchen Erfahrungen oder einer Lizenz?

Er hatte damals schon mit seinem Bandkollegen Thomas D. eine Lizenz auf Formel-Autos gemacht und fuhr schon ein paar Kart-Rennen. Die erste Saison verlief dann auch relativ erfolgreich. Smudo wurde nach Teilnahme Elfter in der Gesamtwertung, obwohl er wegen Konzerten nur acht von zehn Rennen fahren konnte. Sich gegen die erfahrenere Konkurrenz zu behaupten, war schon eine Leistung, denn die Gegner kamen ja zumeist schon aus dem Polo-Cup oder der Formel-VW. Die sind alle nicht von Null in diesen Cup gestartet. Dafür hat er seine Sache auf jeden Fall sehr gut gemacht, muss ich sagen.

Ich konnte relativ schnell sagen, dass Smudo kein „Quick Starter“ ist. Er benötigte immer etwas Zeit, um sein Renntempo zu finden. So Dinge wie ein schnelles Qualifying mit „Outlap-Fastlap-Inlap“ war nicht seine Sache. Das hing auch mit der fehlenden Tracktime als hauptberuflicher Popstar zusammen. Aber nach der dritten oder vierten Runde, wenn er ein Gefühl für das Auto unter dem Hintern entwickeln konnte, dann zeigte er seine Stärke in der Konstanz. Darum dachte ich mir, dass für ihn Langstreckenrennen richtig sind.

Auf dieser Basis kann man aufbauen. Was kam dann?
2001 sind wir etwa drei Rennen bei einem Honda-Team am Nürburgring gefahren. Auch das ging ganz gut, so dass wir beschlossen, ein eigenes Langstreckenteam zu gründen. Die VLN hat den Vorteil der Anreise am Freitag, Rennen und Abreise samstags. Anders als die DTM-Rahmenrennen von Donnerstag bis Sonntag. Für einen vielbeschäftigten Künstler also ein idealer Ausgleich im vollen Terminkalender. Auch wenn das Jahr im New-Beetle-Cup sehr unterhaltsam war, die Fantas waren zu der Zeit im Sommer auch auf Tour, sodass ich Smudo teilweise direkt nach einem Konzert abgeholt habe, um ihn für den nächsten Tag an die Rennstrecke zu bringen. Wir fuhren dann zum Beispiel nachts von Karlsruhe quer durch die Republik bis an den Sachsenring oder an die Lausitz, weil er morgens dann ins Lenkrad greifen musste. Das war ja witzig aber auf die Dauer nicht machbar.

Zomtec_BIFI_Beetle_Doppelsprung
Foto: © (c) Bernd Roselieb

Wir entschieden uns 2003 kurz vor Anmeldeschluss dazu, einen VW Cup-Beetle umzubauen. Über die VW-Soundfoundation bekamen wir ein wenig Unterstützung in Form von zwei Motoren, Getriebe und einem VW Bus mit Anhängerkupplung. In ein paar Nacht- und Nebelaktionen, wurde das Auto in der Schweiz geholt und der 1.9L TDI Motor mit Getriebe verbaut. In der letzten Nacht vor dem ersten VLN-Rennen, haben wir noch Wegfahrsperre etc. entfernt und selbst auf dem Weg zum Nürburgring wurde noch gebaut. Es war eine Katastophe. Der Beetle wurde kurz vor den ersten Testfahrten erst vermessen und eingestellt.

Beim Rennen wurden wir dann Klassensieger. Damals waren noch ca 15 Autos in der Klasse, also ein spitzenmäßiger Einstieg. Beim 24h-Rennen sind wir mit 21 Autos Vierter in der Klasse geworden.
Das Jahr 2004 fuhren wir weiter mit dem New Beetle und neuen Partnern. 2005 ebenso, bis im August unser Partner Playstation vorschlug „etwas Großes zu machen“.

„Etwas Großes“ klingt nach neuen Aufgaben, was war der Plan?

DEU, Deutschland. Mayen. Smudo. 12.5.2008.
Foto: © (c) Bernd Roselieb

Ich hatte die „blendende“ Idee, mir in Detroit eine Rohkarosserie des 40-jährigen Jubiläumsmustangs bei Ford zu ordern. Darin dann ein Porschefahrwerk einzubauen und einen 2-Liter Pumpe/Düse-Motor zu implantieren. Das stellte sich als „schwere Kost“ und Sisyphosarbeit heraus: Es war brutal schwer, sodass wir im ersten Jahr gesamt nur zwei Runden Nordschleife gefahren sind. Im zweiten Jahr sind wir dann sogar drei Runden auf der Nordschleife gewesen.

Im dritten Jahr ist das Auto dann tatsächlich gelaufen. Wir hatten bis dahin sehr, sehr viel unerspriesliche Arbeit reingesteckt. Es ist aber auch ein wunderschönes Auto geworden –das erste BioConceptCar. Das war 2006. Alle Leichtbauteile wie Türen, Armaturenbrett, Stoßstangen, Heckflügel, Motorhaube und Heckdeckel wurden im Rahmen mit dem eines Förderprojekts mit dem Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz, der Fachagentur Nachwachsende Rohstoffe und der Fachabteilung für „Faserverbundstoffe“ des Deutschen Instituts für Luft- und Raumfahrtwaren aus Biofaser hergestellt.

Die ersten Teile waren schlichtweg eine Katastrophe aber die nachfolgenden waren dann immer besser. Die Agentur war „total happy“, da wir die Speerspitze für die Automobilindustrie sein sollten. Was aber so nicht geklappt hat. Denn natürlich würde Politiker würde beim Daimler anrufen und sagen: „Hey, wir haben da was tolles Neues entwickelt!“ Also haben wir das selbst gemacht. Wir wurden von vielen belächelt und bekamen Schulterklopfer mit „macht mal weiter so!“-Kommentaren. Es war äußerst beschwerlich. Aber eine echte Unterstützung: Fehlanzeige.

Es blieb aber nicht lange mehr beim Bio-Mustang. Warum kam es zum Wechsel auf einen VW-Scirocco?
Die Fantastischen Vier waren eine Zeit lang über Werbung mit Volkswagen verbunden. Der Unternehmenssprecher, Herr Grüßem, sagte zu Smudo, er solle seine Rennen lieber mit einem „Produkt des Hauses“ bestreiten. Der sagte natürlich freudig: „Ja klar – gebt uns eines!“ So entstand der erste Kontakt zu Volkswagen. Das gestaltete sich aber etwas schwieriger als zuerst gedacht. Wir hatten mehrere Termine in Hannover und Wolfsburg, mussten Businesspläne erstellen, für die sich meine Frau nächtelang die Finger blutig schrieb. Wir hofften auf eine parat stehende Karosse eines GT-24 und hätten dann einen wunderbar passenden 5-Zylinder Dieselmotor aus dem Touareg eingebaut. Mit Trockensumpf und allem wäre der genau richtig gewesen. Als Ergebnis wurde uns ein Dreizeiler zugesandt, in dem man uns „weiterhin viel Erfolg bei der motorsportlichen Zukunft“ wünschte, aber auf die Zusammenarbeit verzichtete.

Also keine Zusammenarbeit mit VW?

DEU, Deutschland. Nuerburg. Nuerburgring. Smudo mit seinem Renault Megane Trophy. 21.5.2009.
Foto: © (c) Bernd Roselieb

Nein erstmal nicht. Es kam der Renault Mégane RS mit ein wenig Unterstützung von Renault Deutschland. Den V6-Motor aus der Cupversion haben wir verkauft und stattdessen einen 2-Liter eingesetzt. Was sich abermals als Sisyphusarbeit herausstellte. Unter anderem, da der Megane mit seinem Mittelmotor-Gitterrohrrahmen mit Paddleshift-Getriebe-Einheit aus der Formel 1 gebaut war. Wir mussten alles komplett rauswerfen und wussten nicht, wie das Getriebe, welches nur elektrisch zu schalten war, überhaupt nutzbar war. Glücklicherweise gelang uns auch das. Der Mégane hat genau ein 4h-Rennen beendet. Die 24h sind wir gar nicht erst gestartet, obwohl der Renault mit dem Mittelmotor eines der Autos war, welches mir, mit unter am meisten Spaß überhaupt gemacht hat.

Zu dieser Zeit endete übrigens auch die Zusammenarbeit der Fantas mit dem VW-Konzern. Es kam auch Tim Schrick mit seinem „Männerwochenende“ bei SPORT1 ins Spiel, eine benzingetränkte Serie, welche uns eigentlich nicht ins Konzept passte. Wir beschlossen trotzdem das Ende der „Ära Mégane“ und wollten zurück zu Volkswagen. Es gab da nämlich ein Projekt in Finnland von Nesté Oil und Audi/VW namens „R33“. Der R33 war ein Dieselkraftstoff mit 33 % Biodiesel Anteil.

FourMotors BioRocco 2013
Foto: L. Rodrigues

Somit haben wir einen Gruppe N Scirocco von Volkswagen Österreich gekauft und den umgebaut. Wir hatten einen 189er-Motor eingesetzt. Das war der größte Fehler meines Lebens. Eigentlich im Nachhinein sehe ich, wir hätten das Auto mit einem Pumpe-/Düse-Motor ausstatten sollen, denn mit dem kannten wir uns aus, der hielt auch 250 PS Leistung aus. Der 189er Common-Rail-Motor, welcher dann auch der „Dieselgate“ Motor wurde, war jedoch viel zu fragil. Der hielt wunderbar die 170 Serien-PS aus aber ab etwa 200 PS wurden die Zylinderköpfe weich. Bei der erwünschten und erreichten Maximalleistung von 260 PS hielt der Motor nie länger als vierzehn Stunden. Obwohl wir sogar einen Langzeittest von den Partnern finanziert bekamen, war der Zylinderkopf zu schwach.
Mit dem Pumpe-/Düse-Motor hätten wir sicher einige Rennen gewinnen können. Jedoch waren unsere Partner mit dem gewählten Konzept begeistert. Wir hatten vom Ministerium, vom Frauenhofer-Institut und der Hochschule Hannover aus die Aufgabe, einen Hersteller zu finden, welcher unsere Arbeit unterstützt. Wir gaben uns eine unheimliche Mühe mit Präsentationen, Fachvorträgen und -literatur etc.- Waren bei ALLEN Herstellern und haben von Allen nur die kalte Schulter gezeigt bekommen.

War das dann im Nachhinein die richtige Strategie? Was hätte denn anders laufen können?
Es gab 2015 bei Opel den Slogan „Umdenken im Kopf“, bei dem Jürgen Klopp das Gesicht der Kampagne wurde. Wir überlegten damals einen TCR umzubauen und Smudo als „Werbeträger“ anzubieten. Er ist ja eigentlich viel näher am Motorsportthema als ein Fußballtrainer. Für etwa € 350.000 hätten wir da wahrscheinlich ein echtes „Gewinnerauto“ hingestellt. Aber auch von Opel Motorsport und den Kissling-Brüdern kam nur eine zweizeilige Absage, man habe kein Interesse an nachwachsenden Rohstoff-Produkten.
Der Kreis schloss sich endlich, als im November 2015 der erste Mittelmotor Porsche GT4 vorgestellt wurde. Wir gingen bei Porsche in Weissach ein und aus und wurden dort auch wirklich ernst genommen, mit dem was wir machen.

Somit sind wir dann in der Gegenwart quasi angekommen. Wir werden wieder eine Unterbrechung machen und im dritten Teil dann noch über die aktuelle Arbeit und Deine Zukunftsideen reden. Lieber Tom, ein weiteres Mal herzlichen Dank für so viel Mühe unseren Lesern so viel Insider-Erlebnisse zu teilen. Wir freuen uns auf die Fortsetzung.

Erfahre mehr über Thomas von Löwis im ersten Teil und dritten Teil der Interviewreihe.

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Dieser Beitrag wurde von verfasst.

Lutz Rodrigues Do Nascimento wurde in den 70er Jahren vom Motorsport-Virus infiziert, sein Onkel war im Porsche-Werk Weissach tätig und nahm ihn damals schon mit zu den Rennfahrzeugen. Seit 2011 ist er regelmäßig am Nürburgring bei der VLN mit der Kamera vor Ort und konnte sich somit ein Netzwerk an Bekanntschaften zu Teams, Fahrern und der Streckensicherung knüpfen. Seit März 2017 ist Lutz Teil der LSR-Freun.de und gilt als unser Draht zu den Teams und Fahrern. Mit Fotos und Stories aus den engsten Kreisen sorgt er immer wieder für staunende Gesichter.
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