Gründer und Teamchef des Teams FourMotors – Thomas von Löwis of Menar (Tom) im großen LSR-Freun.de Interview über seine Vergangenheit, den aktuellen Stand und die Zukunft des Motorsports. Mit LSR-Freun.de sprach der Schwabe, mit schottischen Adelswurzeln, über den Motorsport der Vergangenheit, der Gegenwart und der Zukunft.
Der 1947 im Schlossgut Mauren (Kreis Böblingen) als viertes Kind geborene Sohn kam schon sehr früh im Leben mit dem Motorsport in Verbindung. Als kleiner Junge war es bereits sein größter Wunsch, selbst Rennfahrer zu werden. Sein Vater, diplomierter Maschinenbauingenieur, fuhr vor dem Krieg Motorrad-Beiwagenrennen. In einem langen Gespräch erzählt Tom uns von seinen Erlebnissen.
___STEADY_PAYWALL___
LSR-Freun.de: Hallo Tom, wir freuen uns über die Möglichkeit, etwas Einblick in Dein Leben und dein Erlebtes zu bekommen. Wie kamst Du zum Motorsport?
Tom: So als vier- bis sechsjähriger Bub war es schon mein Wunsch selbst Rennfahrer zu werden. Aber mein Vater als Akademiker und Ingenieur wollte, daß sein letztgeborener Sohn lieber viel lernen und studieren sollte. Was ich aber absolut nicht wollte. Daraufhin haben meine Eltern einen „unglaublichen“ Trick angewandt, indem sie meinem Bruder in den 50er Jahren Bücher aus der Reihe „Männer, Frauen und Motoren – oder so ähnlich“ geschenkt haben. Das waren Bücher mit Zeichnungen über die Panamericana zum Beispiel mit Abbildungen vom Mercedes 300 SL, der gewonnen hatte. Ich erinnere mich an ein Bild, bei dem ein Raubvogel dem Karl Kling – auch ein Schwabe – in die Windschutzscheibe flog und sie zerstörte. Danach hatten die 300 SL –auch Gullwing genannt – in Gitter vor der Frontscheibe. Also bekam mein Bruder solche Bücher und mir wurden Bücher über Pferde und Reiten geschenkt, die ich auch tapfer gelesen habe. Der Plan geniale Plan meiner Eltern ging nicht so richtig auf. Denn mein Bruder ist Reiter geworden – lacht –und ich Rennfahrer.
Wann und wie begann die aktive Zeit dann?
Meinen Kindertraum verwirklichte ich mit Anfang Zwanzig. Die Heroes meiner Jugendzeit waren Sterling Moss, Jack Brabham und die früh verunglückten Bruce McLaren, Jim Clark und Jochen Rindt. Ich wäre auch beinahe in die „Lehre“ bei Collin Chapman gekommen, den mein Vater auf der London Motor-Show kennenlernte. Collin sagte zu meinem Vater über mich: „Send him over to me, he is not stupid! I’ll make a man – good mechanic or race driver – out of him!“ Doch mein Vater zog zurück und dachte sich, „wenn ich meinen Sohn zu ihm schicke – dem Typ der immer seine Mützen in die Luft wirft – dann lernt er sicherlich wirklich was. Aber dann wäre er ja in dem unseriösen Renngeschäft.“ . Das wollte mein Vater nie und somit ging ich dann wie Frank Sinatra sagte: „My way“.
Ich fuhr meine ersten Rennen mit einem DKW F12 bzw. es war eigentlich ein F11 mit einem Manzell 3-Kanal-Motor und einer Boyson-Auspuffanlage – rängdängdängdäng… Eigentlich hatte ich dafür kein Geld, bin aber dann doch ein paar Bergrennen damit gefahren. Hinten im Kofferraum hatte ich den Straßenmotor dabei. Ebenso vier Felgen und den Wagenheber. Eine schlecht gefüllte blaue Werkzeugkiste, die es damals für zwölf Mark im Baumarkt gab. So wurden vor den Rennen die Motoren gewechselt und man ist den Berg hochgefahren.
Bis dann die F12 nicht mehr zugelassen waren. Zu der Zeit gab es im Großraum Stuttgart die soganannten „Dirt-Track-Rennen“. Diese Rennen waren vom DMSB (damals ONS) nicht gerne gesehen und man konnte sogar Probleme mit der Lizenzerteilung bekommen, wenn man an diesen teil nahm. Da bin ich auch so vier/fünf Rennen mit dem DKW F12 gefahren, mit roten Kennzeichen, da die Autos nicht mehr zulässig waren. Leider Gottes, denn wer für ein Dirt-Track-Race – heute würde man sagen „Rallyecross oder Driftchallenge“ – eine Lizenz ausstellt, der ist eigentlich „mit dem Hammer geföhnt“! Weil das erstmal nicht das Geringste mit echtem Rennen fahren zu tun hat.
So begann es schon aufregend für Dich. Wie nahm die lange Karriere bis zu den „Goldenen DTM-Zeiten“ ihren Lauf?
Zusätzlich infiziert wurde ich mit etwa 17 Jahren durch mein Volontariat bei „Auto, Motor und Sport“ und der Sindelfinger Zeitung.
Als ein Freund einen Formel V 1300 kaufte, „musste“ ich mir natürlich auch einen kaufen um mitzuhalten. Es ist mir bis heute ein Rätsel, wie ich das finanziell geschafft habe. Viel verdiente ich damals noch nicht, denn ich war in der Ausbildung zum Werbekaufmann.
Das erste Jahr mit dem Formel V– Anfang der 70er Jahre – war ein kompletter Mißerfolg. Wir hatten an dem Auto nur herumgebastelt und kamen nicht vorwärts. Wir sind kaum zum Fahren gekommen, auch weil es genau zu der Zeit in der Formel V technische Umstellungen gab. So wurde von der Kugelumlauf-Lenkung auf eine Zahnstangenlenkung umgebaut. Auch am Fahrwerk durfte einiges geändert werden, wir dürften mit zwei anstatt einem Vergaser fahren.
Da mich diese Bastelei aber nicht weitergebracht hat, ging ich zu Heinz Fuchs nach Ruthesheim und habe in Feierabendarbeit in seiner Werkstatt den Formel V 1300-Motor aufgebaut und konnte somit die Kosten erheblich reduzieren.
Mit dem Fuchs FV 1300 habe ich dann 1973 bei elf Starts sieben Siege in Folge, zwei zweite Plätze hingelegt und hatte zwei technisch bedingte Ausfälle. Das waren vorwiegend Bergrennen. Der Versuch auf der Rundstrecke zu reüssieren endete mit einem zweiten Platz in Hockenheim. Danach strotzte ich vor Selbstbewusstsein und dachte mir: „Junge Junge, bisch Du gut, jetzed muss es die Formel 3 sein!“
Woraufhin ich einen gebrauchten Maco 1600-Formel 3 in Pforzheim kaufte (Maco wurden in der Rennwagenschmiede in Braunschweig gebaut). Den Motor und das Chassis lies ich komplett revidieren. Bei Nova-Motors wurde der Motor auf 1985 ccm vergrößert. Der Maco war ein richtig gutes Auto für Bergrennen, bedingt durch den kurzen Radstand.

1976 hatte ich ein Höllenjahr mit Ernst Unger. Ernst wollte vier Formel 3 Autos bauen, davon wurden zwei – mit einem dreiviertel Jahr Verspätung – zum Ende der Saison fertig. Die Autos waren relativ unfahrbar. Das war das einzige Mal, dass mein Vater mir beim Motorsport half. Er meinte, die Vorderachs-Konstruktion könne so nicht funktionieren und wir änderten diese nach seinen Vorschlägen. Das Auto ließ sich dadurch wirklich deutlich besser bewegen und vor allem einlenken. Danke Dad!
1977 und 1978 ging es dann mit dem Railt RT 1 weiter. 1979 folgte ich analog einem weiteren Vorbild, einem gewissen Österreicher namens Niki Lauda in eine Karrierepause. Wobei es bei mir daran lag, daß der Wille zwar da war, aber die Finanzen eher knapp.

Bis dahin auch schon ein bewegtes Leben mit viel Erfahrung. Wie lange dauerte die Schaffenspause?
1982 stieg ich wie Phönix aus der Asche – lacht. Ich bin mit einem March 79b in die Formel 3 zurückgekehrt. Dieser war mit einem Alfa Romeo Motor bestückt, welchen ich selbst besorgt hatte. Damals war ich einer der wenigen, die Kooperationsgeschäfte mit Verlagen machten. Penthouse und das Kicker Sportmagazin haben Anzeigenvolumen zur Verfügung gestellt. Sponsoren wie Citizen oder Pernodbekamen über Anzeigen attraktive Werbeflächen auf unseren Formel 3 Rennautos. So konnte ich den Wiedereinstieg finanzell stemmen.
Das Jahr 1985 fuhr ich bei meinem Freund Walter Lechner. Da habe ich zum ersten Mal kein Auto selbst vorbereitet, sondern mich eingemietet. Das war eine gute und wertvolle Erfahrung für mich, dadurch konnte ich mich besser auf andere Dinge konzentrieren.
Zu dieser Zeit bekam ich Kontakt zu einem „illustren“ Herren aus dem „Gastromilieu“ Stuttgarts:Willi Weber. Wie genau der Kontakt entstand kann ich heute gar nicht mehr sagen. Willi hat durch mich Fuß in der Formel 3 gefasst – der Rest ist Geschichte.
1986 bin ich zweigleisig gefahren: Deutsche Meisterschaft in der Formel 3 und Renault Europa Pokal – das war die Flunder mit dem V6-Turbomotor im Heck. Dieser Markenpokal fand im Rahmen der Formel 1 in Europa statt. Damals hatte ich Barclays als Sponsor, ähnlich wie die Arrows in der Formel 1. Diesen Formel 1 Arrows durfte ich in Zolder sogar selbst fahren, was ziemlich schmerzhaft war, da ich kaum in das enge Cockpit passte. Knie und Ellenbogen waren nach einer Runde bereits aufgeschlagen.

Mit vierzig Jahren, also 1987 musste ich mir eingestehen: Für die Formel 1 reicht es nicht mehr, auch wenn ich das ja lange gehofft hatte. Die Hoffnung stirbt zum Schluss.
Starke Eindrücke aus dieser Zeit, Tom. Mit erreichen der 40er-Marke wolltest Du dann ein Auto „Mit Dach überm Kopf“ fahren?
Ja, ich habe mich dann für die frisch von DRM in DTM umbenannte Tourenwagen-Serie interessiert. Zu der Zeit kam auch gerade BMW mit dem E30 M3 und dem Junior-Senior-Team dazu. Udo Wagenhäuser hatte schon Anfang 1987 einen M3-Bausatz erworben , zum Glück, denn die waren bereits ausverkauft. Mit ihm habe ich mich zusammengetan und gemeinsam bei mir in Sindelfingen den M3 aufgebaut. So habe ich mich, den „Ahnungslosen“ in den Tourenwagen-Rennsport werfen lassen. Zum ersten Rennen war das Auto, sorry, ein „riesiges Scheisshaus“ und alle haben gelacht wie ich da in Hockenheim herumhoppel. Beim Fahrwerk hat noch gar nichts gepasst, überhaupt nichts. So blieben uns 14 Tage bis Zolder, um das Auto für das kommende Rennen nochmals zu vermessen und abzustimmen.
In Zolder bin ich dann erstmals die schnellste Runde gefahren und wir sind Zweiter geworden. Ich war im Rennen sehr schonend mit den Regenreifen umgegangen, was sich bei wiedereinsetzendem Regen gegenüber den Konkurrenten auszahlte. Bis zur Mitte der Saison in Mainz-Finthen war ich noch in den Top-Ten der Meisterschaft, in der „Liste der Deutschen Rennfahrer“ wurde ich ebenfalls unter den besten Zehn geführt. Das war schon toll und es schmeichtelte mir, da ich meine Leistungen immer selbstkritisch als „garnicht so gut“ beurteilte.
Beim Rennen in Diepholz hatte ich ein unglaubliches Aha-Erlebnis. Der Asphalt des dortigen Militärflughafens war ein sogenannter „durchlässiger Asphalt“. Ich war auf ganz weichen Pirelli Qualifying Slicks unterwegs und im Regen schneller als die Kollegen auf Regenreifen, sodass ich den vierten Platz holte. Das war für mich doch sehr überraschend – aber geil.
Nach der erfolgreichen Saison 1987 mit dem M3 sagte ein sehr guter Freund, Bruno Sacco, seineszeichens Italiener und damals Chefdesigner für Mercedes-Benz. Er sagte – imitiert den italienischen Akzent: „Eh Barone, was fährste Du da für eine Auto mit Weiss-Blau auf die Kühlergrill? Da gehöre eine Sterne für eine schwäbische Barone drauf!“. Somit war ich 1988 einer der ersten Kunden von AMG. Es war ein „sehr bewegtes“ Jahr, da ich einen Hersteller im Rücken hatte. Wobei ich mich mit dem Auftreten von Mercedes nicht identifizieren konnte. Daher breiten wir nun den Mantel des Schweigens über den Rest des Jahres 1988. Zum Ende der Saison war soweit, dass ich, der „Alte von Löwis“, den Helm zum zweiten Mal an den Nagel gehängt habe.
Wir denken, das ist ein guter Zeitpunkt für eine Pause. Wann der Helm vom Nagel wieder abgenommen wurde und wie die Zusammenarbeit mit Smudo zustande kam, erfahren wir demnächst im zweiten Teil des Interviews. Bis hier schon vielen Dank für so viele Eindrücke deines bewegten Lebens. Wir sind gespannt wie es weiter geht.
Erfahre mehr über Thomas von Löwis im zweiten und dritten Teil der Interviewreihe.
In eigener Sache:
Du hast den Beitrag bis zum Schluss gelesen? Hat er Dir gefallen? Wenn Du die LSR-Freun.de unterstützen möchtest, kannst Du das mit einem Abonnement bei SteadyHQ tun.
Damit hilfst Du uns, auch in Zukunft erstklassige Berichte, Dokumentationen und Reportagen aus der Welt der Langstreckenrennen zu erarbeiten und zu erstellen.

Die LSR-Freun.de sagen Danke!