Aktuell ist Michael Bohrer im AVIA Clio RS in der Langstrecke unterwegs. Der Merziger kann mit seinen 36 Jahren bereits eine Karriere als Werkspilot bei Peugeot, einige Klassenmeister-Titel in der VLN und Klassensiege beim 24h-Rennen am Nürburgring vorweisen. So gewann er 2010 bei seinem ersten 24h-Rennen die Klasse D1T.

Aus diesem Jahr erzählt er uns von einem Erlebnis beim zehnten VLN Lauf im Kampf um die Meisterschaft:

Ich fuhr damals einen Peugeot 207 RC Cup beim Team Lenzen aus Aachen. Der Titel im Peugeot Cup fehlte mir noch um das Ergebnis für dieses Jahr perfekt werden zu lassen. Hierfür musste ich jedoch alles geben, was mit der Poleposition auch aussichtsreich begann. Unter trockenen Bedingungen gestartet, begann es Nürburgring-Typisch mal wieder extrem stark zu Regnen. Trotzdem fuhr ich gnadenlos, Quersteher wurden fast zur Routine und die Curbs nahm ich im Sprinttempo mit.

Michael Bohrer 2010
Foto: Y. Bohrer

Als ich im Windschatten eines GT3 quasi im Blindflug die Fuchsröhre hinunter bretterte war unten in der Senke allerdings das Wasser auf der Strecke so hoch, dass ich aufschwamm. Nun rutschte mir nicht nur das Herz in die Hose, sondern auch das Auto ungebremst in Richtung der engen Links am Adenauer Forst. Seltsamer Weise erlebte ich diese Situation wie in Zeitlupe und ich überlegte: Wenn ich jetzt normal einlenke schlage ich gerade aus mit der rechten Seite im 45° Winkel ein, darauf hatte ich keine Lust.

Fragt mich nicht warum, aber mir ging der Gedanke durch den Kopf, was ich tun würde, wenn ich auf dem Heimweg von der Arbeit einen Berg mit kaputter Bremse herunterfahren würde. Klar, ich würde versuchen das Auto an der Leitplanke zu stoppen. So lenkte ich entsprechend nicht nach links ein, sondern leicht nach rechts und legte das Auto parallel an die Planke. So rutschte ich wie auf einer Schiene entlang bis hinauf zum Adenauer Forst. Ich befürchtete bereits das schlimmste an Beschädigungen. Allerdings fuhr der Peugeot beim Beschleunigen kerzengerade, also alles gut. Abgesehen vom angeklappten rechten Spiegel schien dem Auto nichts zu fehlen. Damit war ich sofort wieder im Angriffsmodus und setzte mein Rennen Vollgas fort.

Ausgang Galgenkopf meldete ich mich per Funk wie üblich mit: „Döttinger Höhe!“ damit das Team Bescheid wusste, dass ich in Funkreichweite war. Noch vor Start/Ziel funkte mein Teamchef Mike Lenzen und fragte: „Micha, ist alles in Ordnung nach deinem Unfall?“. Ich war verblüfft und antwortete knapp: „Ah so, ja klar, ich war nur einmal kurz an der Planke, das Auto hat nichts.“. Da ich noch nicht an der Box vorbei war konnten sie die Schrammen noch nicht gesehen haben, woher wussten die das?

Nachdem ich das Auto an Teamkollege Timo Frings übergeben hatte erfuhr ich, dass der Fotograf Jochen Merkle den Ausritt nicht nur gesehen hatte, sondern auch fotografiert und dem Team meldete. Wobei das am Ende nicht mehr wichtig war, denn wir gewannen nicht nur das Rennen in der Peugeot 207 RC Wertung, sondern auch die Klassenmeisterschaft.

Peugeot 207 RC Team Lenzen VLN 2010 Michael Bohrer
Foto: J. Merkle
Peugeot 207 RC Team Lenzen VLN 2010 Michael Bohrer
Foto: J. Merkle

Egal ob im Fahrerlager beim Bier, beim Dienst auf dem Posten um die Strecke oder an langen Winterabenden mit Glühwein. Es gibt unzählbare Geschichten rund um den Motorsport. Einiges ist in der Tradition des „Seemannsgarn“ frei erfunden, übertrieben – vieles hat sich aber genau so zugetragen. Um ein wenig Licht in die trübe und Motorsport freie Zeit zu bringen haben wir für Euch 24 dieser Anekdoten zusammengesammelt und stellen diese bis Weihnachten vor.

Ganz gleich welche dieser interessanten Erzählungen, wir werden diese nicht nachrecherchieren oder bewerten, wir freuen uns einfach an diesen Perlen der Rennsportgeschichte und hoffen Ihr habt Gefallen daran. Herzlichen Dank an alle die sich bereit erklärt haben aus dem Nähkästchen zu plaudern!

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Dieser Beitrag wurde von verfasst.

Lutz Rodrigues Do Nascimento wurde in den 70er Jahren vom Motorsport-Virus infiziert, sein Onkel war im Porsche-Werk Weissach tätig und nahm ihn damals schon mit zu den Rennfahrzeugen. Seit 2011 ist er regelmäßig am Nürburgring bei der VLN mit der Kamera vor Ort und konnte sich somit ein Netzwerk an Bekanntschaften zu Teams, Fahrern und der Streckensicherung knüpfen. Seit März 2017 ist Lutz Teil der LSR-Freun.de und gilt als unser Draht zu den Teams und Fahrern. Mit Fotos und Stories aus den engsten Kreisen sorgt er immer wieder für staunende Gesichter.
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